Im Mai 2013 war ich auf einer Jobmesse in Münster, um mit Ausbildungsbetrieben über ihre aktuellen Erfahrungen bezüglich der Bewerberauswahl zu sprechen. Bei meiner zweiten Runde kam ein Personaler auf mich zu, mit dem ich bereits kurz zuvor gesprochen hatte, und sagte: „Wissen Sie womit Sie wirklich bei allen Betrieben offene Türen einlaufen würden? Wenn Sie eine Lösung dafür hätten, wie man Jugendliche dazu bringen kann, dass sie loyal bei einem Unternehmen bleiben und nicht nur weil sie bei einem Konkurrenzbetrieb vielleicht 50 Euro mehr bekommen, den Betrieb wechseln oder studieren gehen.“
Diese Frage nahm ich mit nach Hause und immer wieder tauchte sie in den letzten vier Jahren in meinem Kopf auf. Heute habe ich für mich eine Antwort darauf gefunden, die ich euch gerne vorstellen möchte.
STATUS QUO – DER BEWERBUNGSPROZESS
Wir leben in einer Welt, in der alles vermarktet wird, in der der Mensch zum Kapital geworden ist und eine hohe Konkurrenz herrscht. Jeder möchte die Besten „abfischen“, die „Crème de la Crème“ – beurteilt nach den besten Noten, den besten Abschlüssen und den besten Referenzen, damit sie möglichst pflichtbewusst zur Erwirtschaftung des eigenen unternehmerischen Profits beitragen! Doch wie kann man diese „großen Fische“ am Besten ködern? Die Betriebe, die es sich leisten können, versuchen es mit Extrazuschüssen, Fitnesskursen, Hotelübernachtungenen, Essensgutscheinen, Sightseeing-Touren, Laptops, Smartphones, Firmenwagen u.v.m..
DAS PROBLEM
Es findet immer eine Wechselwirkung zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Menschen statt. Und so haben die meisten Menschen gelernt, in einer Leistungsgesellschaft zu funktionieren: Fleißig zu lernen, damit sie gute Noten bekommen, eine gute Ausbildung machen und dann noch studieren gehen, um möglichst viel Geld zu verdienen, damit sie sich möglichst viel kaufen können und als möglichst erfolgreich in unserer durchökonomisierten Welt gelten. Sie haben also die gleichen Ziele wie die Wirtschaft und jedes Unternehmen selbst: Den größtmöglichen Eigennutz erzielen. Einen möglichst gut bezahlten Job, bei einem großen Unternehmen, was Sicherheit und noch mehr Benefits bieten kann, ziehen sie daher handwerklichen Berufen und kleinen Betrieben gerne vor. Die meisten Schüler machen Abitur, die meisten von ihnen wollen studieren gehen – Eliten braucht das Land. Wer möchte da nicht gerne „dazu gehören“? Doch sind die mit den besten Noten, Referenzen und Abschlüssen am Ende wirklich immer „die beste Wahl“ oder haben sie es einfach nur gelernt, sich gut zu verkaufen und das Spiel mitzuspielen und schlagen die Unternehmen am Ende mit ihren eigenen Mitteln?
Was wünschen sich Bewerber vielleicht im tiefsten innern ihres Herzens tatsächlich?
Manche Menschen würden sich vielleicht wünschen, dass man sie nicht kaufen will, dass man sie für nicht so einfach manipulierbar hält, sondern dass man sie ernst nimmt, dass man ihnen etwas zutraut. Dass man sie um ihre Meinung fragt. Das man mit ihnen gemeinsam Ziele findet und Werte lebt. Das, was sich übrigens jeder Mensch wünscht, ist bedingungslose Anerkennung: Das Gefühl so gut zu sein, wie man ist – egal welche Noten man hat oder woher man kommmt, angenommen zu werden, sich selbst verwirklichen zu dürfen, seine Fähigkeiten für andere ausleben zu dürfen und Menschen zu helfen. Die Welt mitzugestalten, etwas beitragen zum großen Ganzen mit dem Vertrauen darauf, jederzeit auch die eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können. Der Mensch sehnt sich nach echten lebendigen Beziehungen, Verbundenheit, bei der es um mehr geht als um Leistung und Gegenleistung – nicht nur privat, sondern auch im Job!
DIE LÖSUNG – EIN EXPERIMENT
Prozesse und Standards sind der Tod von Beziehungen. Statt möglichst viele Kandidaten durch standardisierte Prozesse zu schleusen, Menschen einfach zum Mitmachen einladen.
AKTION: BEWERBEN OHNE WERBEN – JUST BE
Was heißt das konkret? Bewerben ohne Foto, ohne Lebenslauf, ohne Zeugnisse! Stattdessen ein erstes kleines gemeinsames Projekt: Menschen einladen, mit ihnen gemeinsam aktuelle Problemstellungen bzw. Aufgaben besprechen und sie in die Ideenfindung und Umsetzung miteinbeziehen. Am Ende alle Mitarbeiter gemeinsam abstimmen lassen – auch darüber wieviele neue Menschen in die Arbeitsgemeinschaft aufgenommen werden können.
Eine interessante Idee, aber wie wird sichergestellt, das in diesem Experiment echte Fähigkeiten zählen und eben nicht die Selbstdarstellung der Bewerber über diesen Zeitraum? Evtl werden sympatische Mitarbeiter den kompetenteren Vorgezogen, gerade bei einer Teamentscheidung.
Ich finde das eine wunderbare Idee und ich bin auch der Überzuegung, dass wenn man für eine Sache brennt, das Engagement ein anderes ist! Zum Glück gehören zu den Fähigkeiten eines Menschen, nicht nur das reine Fachwissen! Dazu gehören eben auch Fähigkeiten, wie Geschicklichkeit, Mitdenken, Eigeninitiative, Mut, Neugierde, Offenheit, Sympathie, Empathie…usw… – Soziale Intelligenz! Und wenn einen etwas interessiert, lernt man die Dinge sowieso besser und intensiver, lebensnaher und vorallem realer, in der Praxis! Theoretisch, durch Stoff, der meist nur auswendig gelernt und wiedergekäut wird – oft mit der Praxis aber nicht viel zu tun hat! Es wird einem heute ja auch schon in Schule und Studium recht viel in kürzester Zeit zugemutet, wobei viele davon schon gelernt haben, wie man am besten vorselektiert, um nicht alles lernen zu müssen und den Stoff auch nach einem Studium selten abrufbereit parat haben! In keinem anderen Land wie in Deutschland wird es einem so schwer gemacht, wenn man sich für etwas interessiert und nicht den „passenden Schulabschluss“ hat, eine Chance zu bekommen hier durch eine Lehre und Berufserfahrung in andere Berufe reinzukommen, ohne dass man der „ewige“ Praktikant bleibt und somit das „lebenslange Lernen – und Weiterentwickeln“ leider nur in deinem „Fach“ möglich gemacht wird und so jeder zu einem Fachidioten verkommt, aber nicht, wie es wünschenswert wäre, ein umfangreiches Gesamtverständnis erlangt und zwar in versch. Bereichen und Berufen! Die Welt und der Mensch ist bunt und vielfältig und keine Einheits,- Gleichheits,- Einbahnstraße! In diesem Sinne, weiter so mit ihrem Blog – ich find ihn grooooooßartig!