Unser Wirtschaftssystem steht für individuelle Bedürfnisbefriedigung, Wohlstand und Demokratie und dennoch fühlen sich viele Menschen wie in einem Hamsterrad, allein mit ihren Zweifeln und der Angst nicht gut genug zu sein. Du sehnst dich danach auszusteigen, nach mehr Selbstbestimmung und echter Gemeinschaft? Trauen wir uns gemeinsam systemkritisch zu denken und Fragen zu stellen! Das ist immer der Beginn von etwas Neuem und so entstehen vielleicht irgendwann dynamische, lebendige Strukturen für lebendige Menschen…
Systemkritik
1.) Unsere Wirtschaft hat uns den Wohlstand gebracht, doch zu welchem Preis?
Besitz und Konsum auf Kosten unserer Lebensgrundlage und von Menschen in ärmeren Ländern, schwindende Wertschätzung und Dankbarkeit für die Fähigkeiten und die Arbeit von Menschen, sonst würde nicht soviel in der Tonne landen und dennoch ein seltsamer Widerspruch in uns: Wer etwas besitzt, möchte es auch bewahren. Verlustangst und ein starkes Sicherheitsbedürfnis sind also ebenfalls die Folge. „Diese Ängste untergraben die menschliche Fähigkeit zum Teilen, zum Tauschen, zum Schenken, zum Leihen“, kurz: Zu solidarischem Handeln. Und wenn wir weniger konsumieren oder sogar Strom aus Kohle oder Dieselfahrzeuge verbieten, weil sie unsere Luft verpesten, dann kostet das Arbeitsplätze und damit unseren vermeintlichen Wohlstand: Ein Totschlagargument in der Politik, was Veränderung unmöglich macht.
Arbeit und Konsum über alles? Das Video „El Empleo“ regt zum Nachdenken an: Sind wir längst zu Sklaven des Systems geworden? Leben und arbeiten wir nur noch, um den Status Quo zu erhalten, aus Angst etwas zu verlieren?
https://www.youtube.com/watch?v=cxUuU1jwMgM
2.) In der Wirtschaft ist das Menschenbild des Homo Oeconomicus vorherrschend. Doch ist es das, was uns Menschen tatsächlich ausmacht?
Der Mensch ist rational, auf seinen Vorteil bedacht und darauf, den größtmöglichen Nutzen zu erzielen: Das Idealbild eines Menschen in der Wirtschaftstheorie. Aber was heißt größtmöglich? Wo ist hier die Grenze? Es gibt keine! Unendliches Wachstum ist jedoch unnatürlich – das verdeutlicht auch die Geschichte vom „unmöglichen Hamster“:
Abseits des Homo Oeconomicus existiert jedoch noch ein anderes Menschenbild, was vielleicht viel stärker in uns ausgeprägt ist: Der „Homo Cooperativus“.
„Der „Homo cooperativus“ ist von seinem Wesen her ein Geschöpf, das auch aus Eigennutz handelt – aber nicht immer. Die Fähigkeit zu kooperativem Handeln beruht auf der Erfahrung der Menschen, dass sie am glücklichsten und sichersten in Gruppen leben. Der Mensch kann nur in Gruppen überleben. Als Einzelegoist wäre er ausgestorben. Der Neurobiologe Joachim Bauer geht noch weiter und argumentiert, dass die Entwicklung von Leben ein kooperativer Prozess war. Oberstes biologisches Prinzip ist aus seiner Sicht nicht Konkurrenz und der Leitsatz „der Stärkere setzt sich durch“ (wie bei Charles Darwin), sondern Kooperation“*.
3.) Braucht unsere Gesellschaft den Staat als Korrektiv?
Beispiel „Buen Vivir“: In Ecuador und Bolivien ist das Recht auf ein „Gutes Leben“ in der Verfassung verankert und auch die Natur wird als ein Subjekt definiert, welches Rechte hat. In dem südamerikanischen Konzept des „guten Lebens“ steht jedoch nicht der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt, sondern alles, was existiert, bildet eine Einheit. Es wird ein Gleichgewicht mit der Natur, die Schaffung von sozialer Gleichheit, einer solidarischen Wirtschaft, mit viel Raum für zivilgesellschaftliche Partizipation gefördert und ist damit eine systemkritische Antwort auf das westliche Wohlstandsdenken.
Dennoch bleibt die Frage, wie sehr wir wollen, dass der Staat sich einmischt. Wie bewusst und nachhaltig ist ein Wandel, der den Menschen per Gesetz „auferlegt“ wird? Wäre das nicht eine Diktatur in Grün? Zeugt es nicht erst von wahrem Bewusstsein, wenn wir etwas aus freien Stücken tun?
Verantwortung übernehmen und Veränderung zulassen
„Ein tätiger Mensch ist für Fromm ein Mensch, der ohne Einfluss einer fremden Macht aus sich selbst heraus handelt. „Tätigsein“ heißt für Fromm, zu teilen, sich zu erneuern, dem Reichtum der eigenen Fähigkeiten Ausdruck zu verleihen, zu geben sowie die Isolation der Selbstsucht und des Egoismus zu überwinden.“*
„Voraussetzung für diese Existenzweise sind nach Fromm Unabhängigkeit, Freiheit und das Vorhandensein kritischer Vernunft. Mit kritischer Vernunft meinen Philosophen in der Regel die Fähigkeit, Sachverhalte und menschliches Handeln kritisch prüfen zu können.“ Wie können Menschen dazu ermutigt werden, diese Fähigkeit zu erlernen, zu erkennen und zu leben? Sollte das nicht eine der Hauptaufgaben der „Schule“ sein?
Stattdessen werden wir in eine Wirtschaftsordnung hineingeboren, mit dem Recht eine Partei zu wählen. Die vorgegebenen Strukturen wie Schule, Arbeit, Rente werden dabei allerdings nie in Frage gestellt. Wählen gehen ja, aber ohne die echte Möglichkeit wirklich größere Veränderungen im System vorzunehmen. Unsere Art der Demokratie lädt quasi dazu ein, sich zurückzulehnen und sich nicht einzumischen, denn für alles Überlebenswichtige ist gesorgt, wirklich „entscheidende Dinge“, kann ich sowieso nicht beeinflussen und warum sollten Menschen plötzlich motiviert sein, sich einzumischen, wenn sie erst mit 16 oder 18 Jahren darum gebeten werden?
Warum brauchen wir eine feste Ordnung für alle in einem Land bzw. auf der ganzen Welt? Warum brauchen wir einen Staat, eine Autorität, die uns eine Ordnung für unser Leben vorgibt? Warum nicht erlauben, dass sich eine Ordnung immer wieder neu bildet, dynamisch, im Einklang mit den Menschen, die in einer Gemeinschaft leben und der Natur. Das fördert Partizipation und das Entstehen vieler, kleiner Lösungen. Das macht uns widerstandsfähiger gegenüber Krisen und bewahrt uns vielleicht auch vor dem Kollaps.
Lebendige Menschen in lebendigen, dynamischen Strukturen
Je nachdem, wie wir uns öffnen, interessieren, austauschen, lieben und streiten, entsteht und verändert sich unsere Persönlichkeit. Das Hinterfragen, die Kommunikation, der Austausch – würden durch eine „echte“ Demokratie gefördert werden, Empathie und Nächstenliebe würden eine stärkere Rolle spielen und lebendige und dynamische Strukturen entstehen. Das macht Hoffnung wieder zu starken selbstorganisatorischen Gemeinschaften zusammenzuwachsen, statt uns aus Angst vor Veränderung und Verlust zu isolieren oder abzugrenzen.
Es geht nicht um Schuld, sondern um Mut und Vertrauen zum eigenen Ich
Der Mensch ist voller Widersprüche. Unseren fantastischen Planeten und das ganze Universum haben wir im Laufe der Menschheit begonnen zu entschlüsseln und immer wieder hält es neue Wunder für uns bereit, die es zu entdecken und zu verstehen gilt.
Wir entdecken, wir erforschen, wir beginnen selbst zu gestalten und es ist faszinierend, was der Mensch aus diesen Dingen, die uns die Natur bietet, kreiert hat: Ob Dampfmaschine, elektrisches Licht, Fernseher, Telefon, Computer – wir alle haben eine Faszination für Technologien und darin steckt eine schöpferische aber auch eine zerstörerische Kraft des Menschen. Auf der einen Seite fasziniert es uns, gleichzeitig macht uns die Veränderung Angst, die neue Technologien auch immer für unsere Art zu leben mitbringen und wir erkennen, dass wir damit sogar das gesamte Ökosystem beeinflussen. Wir müssen uns deswegen nicht schuldig fühlen, denn auch das bedeutet es, Mensch zu sein. Wir versuchen immer Lösungen für alle zu finden, Regeln zu definieren, was nachhaltig oder nicht nachhaltig ist, doch können wir am Ende nur uns selbst verändern. Indem wir diese Widersprüche in uns akzeptieren, nehmen wir uns selbst und andere an. Sich selbst und alle Wesen auf der Erde bedingungslos wertzuschätzen, ist vielleicht die wahre Herausforderung der Menschheit. Denn die Natur ist unfassbar stark und sie findet für sich selbst immer wieder in ein Gleichgewicht zurück – im Zweifelsfall irgendwann ohne uns Menschen.
Wenden wir unseren Blick nach innen – für mehr Mut und Vertrauen zum eigenen Ich! Vielleicht würden wir dann zu einem natürlichen Gleichgewicht in uns finden und von ganz alleine wieder so handeln, wie es uns und der Natur gut tut. Und vielleicht stellen wir dann irgendwann fest, dass wir den Staat nicht mehr brauchen, sondern füreinander einstehend in Gemeinschaften leben können, in der sich jeder geborgen, ernst genommen und frei fühlt, mit einer selbstverständlichen Bereitschaft sich füreinander und die gemeinsame Lebensgrundlage einzusetzen.
Nicht die Wirtschaft (Geldsystem) hat uns den Wohlstand gebracht, sondern die Arbeitsleistung der Menschen.
Das Geld hat zwar seinen Beitrag geleistet weil bis Mitte des 20. Jahrhunderts keine Alternative zum Geldsystem gegeben war. Doch nun können wir Dank des technologischen Fortschrittes bereits auf das Geldsystem verzichten und auf ein intelligentes Zeitsystem umstellen.
Für Freiheit, Frieden und Wohlstand für alle.